Die COVID-19-Pandemie führte bei zahlreichen Unternehmen zu teilweisen oder vollständigen Einnahmeausfällen. Zwecks Sicherstellung der zwingend notwendigen Liquidität von Unternehmen in der Schweiz hat der Bundesrat am 25. März 2020 die COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung1 (COVID-19-SBüV) erlassen, welche am 19. Dezember 2020 in das CODIV-19-Solidarbürgschaftsgesetz2 (COVID-19-SBüG) überführt worden ist. Die unkomplizierte Beantragung der COVID-19-Kredite und zeitnahe Auszahlung steht in Konkurrenz mit auferlegten Pflichten und Einschränkungen in der Geschäftstätigkeit für die Gesellschaften und deren Eigentümer:innen.
Das COVID-19-Solidarbürgschaftsgesetz hält in Art. 2 die während der Dauer der Solidarbürgschaft ausgeschlossenen Handlungen3 fest, welche bis zur Rückzahlung des COVID-19-Kredites ihre Wirkung entfalten. In der Praxis zeigt sich, dass insbesondere Art. 2 Abs. 2 lit. d SBüG in Konzernstrukturen mit Intercompany Transaktionen grössere Einschränkungen mit sich bringt. Es stellt sich unter anderem die Frage, ob die Bezahlung von Intercompany Rechnungen bei Leistungsaustausch bereits eine Verletzung des SBüG darstellt. In der Botschaft zum Solidarbürgschaftsgesetz4 wird näher auf den Sachverhalt eingegangen. Zulässig und damit zu keiner Verletzung des SBüG führen marktgerechte Zahlungen innerhalb der Gruppenstruktur zur Aufrechterhaltung des operativen Betriebes. Explizit erwähnt werden Zahlungen für Materiallieferungen, welche stellvertretend für alle weiteren geschäftsmässig begründeten und at arms length bewerteten Transaktionen zwischen Gruppengesellschaften stehen. Ebenfalls explizit zulässig und nicht ein Verstoss gegen das SBüG stellen ordentliche Rückzahlungen von Cash-Pool-Einlagen, inklusive ordentliche Zinszahlungen, dar. Dies bedingt jedoch die Existenz von gültigen und unterzeichneten Verträgen, welche vor März 2020 geschlossen worden sind.
Die strengen Verwendungsbestimmungen des SBüG stellen sicher, dass kein Abfluss von Liquidität, welche durch einen COVID-19-Kredit zur Verfügung gestellt worden ist, mittels zweckfremder und nicht operativ notwendiger Transaktionen erfolgt. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise zu prüfen, ob die Ausschüttung von Boni, insbesondere an Eigentümer:innen, mit der Auszahlung von Dividenden gleichzustellen ist. Bereits bei der Vernehmlassung der Solidarbürgschaftsverordnung wurde dieses Thema aufgegriffen. Während bei Arbeitnehmer:innen ohne arbeitgeberähnliche Stellung ein Boni-Verbot gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein unverhältnismässiger Eingriff in die operative Tätigkeit einer Gesellschaft darstellt und folglich schwierig durchsetzbar ist5, ist bei Arbeitnehmer:innen, welche gleichzeitig auch Eigentümer:innen sind, ein klarer Konnex zur Dividende gegeben. Weder die Botschaft noch die Vernehmlassung sind auf diese Thematik eingetreten. Anzunehmen ist, dass marktübliche und mit der Branche vergleichbare Boni bei ähnlichem Geschäftsgang toleriert werden und kein Verstoss gegen das SBüG darstellen. Die Ausschüttung von betragsmässig vergleichbaren Boni bei deutlich schlechterem Geschäftsgang, könnte hingegen ein Indiz für eine Umgehung des Verbots der Dividendenausschüttung darstellen und zu entsprechenden Konsequenzen in Bezug auf die Gewährung bzw. vorzeitige Rückzahlung von COVID-19-Krediten führen.
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1 Vgl. SR 951.261 Verordnung vom 25. März 2020 zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften infolge des Coronavirus
2 Vgl. SR 951.26 Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus
3 Ausgeschlossene Handlungen gemäss Art. 2 Abs. 2 SBüG ist die Entrichtung von Dividenden und Tantiemen, die Rückerstattung von Kapitaleinlagen, die Gewährung und Rückzahlung von Darlehen an Gruppengesellschaften und nahestehenden Personen (mit Ausnahmen) sowie die Übertragung von Mitteln von Krediten nach der COVID-19-SBüV an eine Gläubigerin oder Gruppengesellschaft.
4 Vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus, 18.09.2020
5 Vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus, 18.09.2020, Seite 27, oder Basler Kommentar OR I-Portmann/Rudolph, Art. 322d N 10